Wenn man heute von „Credo“ spricht – und nicht irrtümlich annimmt, dass es sich dabei um ein neues Deo-Spray handelt – dann geht es meistens um individuelle Vorstellungen davon, was in einer bestimmten Sache gut und wichtig ist, oder was man dafür hält: Da beschreibt jemand, wie er nach eigenen Vorstellungen seine Arbeit organisiert oder seine Freizeit verbringt; so zu leben ist dann „sein Credo“. Es kann ein Sportler sein, der seine „Werte“ und seine Methoden vertritt, ein Politiker, der sich zu bestimmten Positionen „bekennt“, aber es kann auch etwas sein, das dem ursprünglichen Wortsinne näher liegt, also eine Art Lebensweisheit oder eine Alltags-„Philosophie“.

In der umgangssprachlichen Verwendung des lateinischen Wortes für das Glaubensbekenntnis verbergen sich Anklänge an den ursprünglichen Sinn: Wörtlich übersetzt bedeutet „credo“ ja einfach „ich glaube“. Das erste Wort des christlichen Glaubensbekenntnisses in lateinischer Sprache wurde so zu seinem Namen (1) und schließlich zur „generischen“ Bezeichnung von Bekenntnissen schlechthin.

Viele Meinungen, ein Credo

Es gibt viele theologische Meinungen und Moden, es gibt Laienbewegungen und diverse christliche Organisationen, und es gibt bei gesellschaftlichen, ethischen und politischen Themen und Debatten immer wieder diverse und oft divergierende Stellungnahmen von Christen unterschiedlicher Konfessionen – dabei kann leicht der Eindruck aufkommen, das mit dem Christentum sei eine recht komplizierte und sogar unübersichtliche Sache. Dagegen kann man mit Papst Benedikt XVI. sagen: Der Glaube ist einfach! (2) Er ist jedem Menschen zugänglich und für jeden Menschen gleich wichtig. Und worum es geht, das erschließt sich immer noch am besten bei einer Betrachtung des Glaubensbekenntnisses; daran scheiden sich, im ursprünglichen Wortsinn, die Geister.

Neben dem Vaterunser ist das Credo – in unterschiedlichen, aber inhaltlich übereinstimmenden Fassungen (3) – das wichtigste gemeinsame und unverwechselbare Kennzeichen aller Christen. Es ist mehr als ein „Mission Statement“ oder ein Ausdruck von „Corporate Identity“, mehr als eine Satzung oder ein Programm; und auch wenn es, anders als das Vaterunser, nicht direkt in Gebetform gefasst ist, kann man doch sagen, dass wir das Glaubensbekenntnis beten. Zwar ist es nicht direkt an Gott gerichtet, man kann das Bekenntnis des Glaubens aber richtig nur im Bewusstsein der Gegenwart Gottes ablegen. Und gerade darin unterscheidet sich dieses Credo grundlegend von den vielen individuellen „Bekenntnissen“ zu Lebensstilen und Auffassungen, Meinungen und Ideen.

Es ist ein besonderes Wesensmerkmal des Christentums, dass es ganz auf Glauben ausgerichtet ist. Während sich im Judentum alles um das Gesetz dreht und im Islam um die Obödienz, die Befolgung bestimmter Vorschriften, steht für Christen der Glaube im Mittelpunkt (4). Wenn das aber so ist, dann muss es möglich sein, bei sorgfältiger Betrachtung des Credo alles zu verstehen, was das Christentum ausmacht.

Credo und Trinität

Das Credo hat drei Hauptteile, die Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist gewidmet sind (5). Damit spiegelt es die Trinitätslehre (6) wider, in der das Geheimnis Gottes und seines Verhältnisses zu uns Menschen ausgedrückt wird. Dass uns Gott als Einer und doch in drei Personen begegnet, mag theologisch höchst komplex und für menschliches Verständnis kaum fassbar scheinen. Im Credo ergibt sich das aber ganz von selbst, weil es direkt aus der Beziehung folgt, die Gott zu uns hat; das Glaubensbekenntnis ist auch Ausdruck einer großartigen Menschheitserfahrung. In jedem einzelnen der drei Hauptteile des Credo begegnen wir Gott – Vater, Sohn und Heiligem Geist – auf natürliche und zugleich umfassende Weise.

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Anmerkungen

(1) Ähnlich war es schon beim jüdischen Glaubensbekenntnis, das mit den Worten „Höre Israel“ beginnt („Sch‘má Jisrael…“) und auch so bezeichnet wird.

(2) Vgl. Predigt Papst Benedikts XVI. in Regensburg, 12. September 2006: „Der Glaube ist einfach. Wir glauben an Gott – an Gott, den Ursprung und das Ziel menschlichen Lebens. An den Gott, der sich auf uns Menschen einlässt, der unsere Herkunft und unsere Zukunft ist“.

(3) Relevant sind das „große Glaubensbekenntnis“, das „athanasianische“ und das „apostolische“; zwischen ihnen gibt es keine Widersprüche, sie unterscheiden sich nur im Umfang und in der Verwendung im Gottesdienst. Hier ist in der Folge immer das heute in Deutschland am meisten gebräuchliche und bekannte apostolische Glaubensbekenntnis gemeint. Vgl. die Texte z.B. in: Geborgen in Gott. Tag- und Nachtgebete. 6. Aufl. Adamas Verlag Köln 1985.

(4) Vgl. Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum. Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis. München 1968 / Neuausgabe 2000. S. 42 f.

(5) Wenn wir ein Kreuzzeichen machen und die Worte „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ sprechen – sei es im Tischgebet, oder zu Beginn des Gottesdienstes – legen wir jedes Mal ein kurzes Glaubensbekenntnis ab.

(6) Vgl. dazu: Katechismus der Katholischen Kirche. Kompendium. Bonn 2005. Nr. 45 ff.